Kalender 2024: Faszination Insekten. Artenschutz im naturnahen Garten

Seit 2019 publiziere ich zusammen mit meiner Schwester Katharina Zerr jährlich einen Foto-Kalender, der mit stimmungsvollen Makrofotografien die faszinierende Welt der Insekten in unsere Wohnstuben holt. Viele heimischen Insektenarten sind vom Aussterben bedroht, andere so stark dezimiert, dass sie ihre Aufgabe in der Natur nicht mehr erfüllen können. Das Verschwinden der Arten, die Verkleinerung ihrer Bestände zieht Kettenreaktionen nach sich, die wir längst noch nicht überblicken können. Der aktuelle Monatskalender für das Jahr 2024 erscheint jetzt am 15. November und will einmal mehr für unsere Mitgeschöpfe, die Insekten, begeistern, denn man kann nur schützen, was man kennt.

Dass wir auf die heimischen Insekten deutlich besser achten sollten, wurde uns Herausgeberinnen in 2023 überdeutlich, denn der Artenschwund wirkt sich inzwischen auch auf unsere Arbeit hinter der Kamera aus. Schmetterlinge waren rare Gäste in unseren Foto-Revieren. So haben wir für unseren Kalender erstmals Fotos anderer Fotografinnen und Fotografen angefragt, da wir selbst nicht fündig geworden waren und es uns aber wichtig war, ganz besonders auf das Schicksal der Schmetterlinge aufmerksam zu machen. Die Lebensspanne vieler Schmetterlingsarten beträgt nur wenige Wochen oder Monate. Kaum ein Schmetterling erreicht ein Lebensalter von 12 Monaten. Der zu heiße Frühling, ausgedehnte Hitze- und Trockenperioden vom Sommer bis in den Herbst hinein, setzen ihnen ganz besonders zu, denn sie sind darauf angewiesen, in dieser kurzen Zeitspanne die kommende Generation hervorzubringen. Dazu benötigen Schmetterlinge eine Blütenvielfalt und unberührtes frisches Grün.

Wir können in unseren heimischen Gärten etwas tun um das Artensterben abzuwenden. Lernen sie deshalb übers Jahr 12 heimische Insekten kennen und erfahren sie, wie sie mit einfachen Tipps ihr eigenes Schutzprogramm starten können. Werden sie aktiv, damit 2024 ein gutes Jahr für Insekten wird.

Januar:
Der Goldene Scheckenfalters schlüpft in den ersten warmen Sommertagen und taucht bis Anfang Juli auf blühenden Feuchtwiesen auf. Diese Zeit braucht er für Paarung und Eiablage. Er sucht dazu sonnige Areale mit wenigen Gehölzen als Windschutz auf. Wird die Wiese erst spät gemäht, findet der Falter ausreichend Nahrung, wie etwa den vielerorts stark gefährdeten Teufelsabbiss.

Goldener Scheckenfalter [Foto: Michael Reichelt]

Februar:
Männliche Skorpionsfliegen richten ihr Geschlechtteil wie einen Skorpionstachel am Hinterleib auf, daher der Name der aparten Fliege. Ihr Paarungsverhalten, u.a. mit Brautgeschenk, ist reichlich kurios. Die Fliegen leben im Gebüsch und Brennesselbestand, fressen reifes Obst, tote Insekten und Wirbeltiere, aber auch Kot, Blütennektar und Pollen. Sie können sogar der Spinne die Beute aus dem Netz stibitzen. Die Fliege legt ihre Eier in die Erde ab, wo die Puppen überwintern. Bis Anfang Mai schlüpfen die ausgewach-senen Tiere. Also bitte ums Gebüsch die Erde über Winter ruhen lassen.

Die Skorpionfliege ist ein skurriles, aber weit verbreitetes Insekt, das sich zu beobachten lohnt [Foto: Peter Wölfel]

März:
Zitronenfalter werden stolze 12 Monate alt und tauchen bereits ab März auf, wo es Blüten und Sonne gibt. Dabei sind die Männchen besonders gelb. Da er gerne in immergrünen Büschen wie der Stechpalme über-wintert, kann er so zeitig zur Stelle sein. Die Eiablage ist im April, gerne auf Faulbaum, wo sich bis Juni auch die Raupen verpuppen und ab Ende Juni die neue Generation schlüpft. Wird es dem Falter zu warm, begibt er sich in seinem Winterquartier auch in die Sommerruhe. Dann bitte nicht stören!

Zitronenfalter ist der erste Frühlingsbote und saugt hier Necktar in der Zinie [Foto: Jürgen Liebherr]

April:
Auch das schöne Tagpfauenauge überwintert als Falter an geschützten Orten und ist schon früh im Jahr zu sehen. Dem Schmetterling dienen viele Blüten als Nahrung, aber seine markanten schwarzen Raupen fressen nur Brennesseln. Dort treten sie in großen Nestern auf und spinnen ganze Brennesselkolonien ein, gerne an sonnigen Standorten. Zum Verpuppen spinnen sie sich aber wieder einzeln ein, als frei und senkrecht hängende Stürzpuppe. Die Falter schlüpfen ab Juli und bis in den Oktober. Sie danken es, wenn wir ihnen den freien Zugang in ein geschütztes Winterquartier in der Gartenhütte oder der Garage anbieten.

Das Tagpfauenauge ist ein früher Gast in den Gärten [Foto: Jürgen Liebherr]

Mai:
Ein Siebenpunkt Marienkäfer ist da, sobald es Blattläuse zu fressen gibt. Er ist ein gerne gesehener Nützling. Die Weibchen legen die Eier auf Pflanzen mit Blattlausbefall. Bis sich der Käfer entwickelt hat, vertilgt die Larve gut 400 Blattläuse. Zwei Käfer-Generationen entwickeln sich so pro Jahr. Sie leben etwa zwölf Monate und überwintern in Kolonien am Boden zwischen Moos, Gras oder Laub. Oft kommen sie in Gebäude, wo sie wegen der trock-enen Luft sterben. Sollten sie einen finden, bitte sofort auswildern!

Ein Marienkäfer hebt ab. Der gerne gesehene Nützling ist zur Stelle, sobald Blattläuse da sind. [Foto: Elina Elena]

Juni:
Taubenschwänzchen waren als Wanderfalter einmal mediterane Gäste auf Sommervisite. Inzwischen überwintern sie auch in Mitteleuropa an frostfreien Orten. Sie legen dann im März ihre Eier an Labkräutern ab, von denen sich später die Raupen ernähren. Gegen Mitte Juni schlüpft die neue Generation. Waldmeister ist ein schönes Labkraut, auch das Echte Labkraut verströmt einen angenehmen Duft und bildet leuchtend gelbe Blüten, die in jedem Garten super aussehen. Ein Beet mit Labkraut geht immer.

Das Taubenschwänzchen war einmal ein Wanderfalter [Foto: Peter Wölfel]

Juli:
Das Heupferdchen gehört zu den spektakulärsten Insekten im Garten. Es frisst kleinere Insekten und weiches Grün. Erstaunlich ist die sehr lange Entwicklungszeit. Es durchläuft sieben Larvenstadien und braucht dafür bis zu fünf Jahre. Solange darf die Erde des Grünlands, in das die Eier in kleinen Grüppchen abgelegt werden, nie austrocknen. Ab Ende Oktober bis Anfang November kann man dann die ausgewachsenen Heupferde bestaunen, die übrigens unverschämt laut mit ihren Flügeln zirpen.

Das Heupferdchen in der Schafgarbe [Foto: Sibylle Zerr]

August:
Einen Schwalbenschwanz zu bewirten, ist eine Ehre, denn er ist rar, immer abflugbereit und naschhaft. Er lebt auf blütenreichen Wiesen und Trocken-rasen genauso wie in Gärten, die ihn mit Möhrenbeeten, Fenchel oder Fliederbüschen locken. Mit bis zu acht Zentimetern Spannweite ist der wanderlustige Falter einer der größten Schmetterlinge in Mitteleuropa.

Ein Schwalbenschwanz gibt sich im Sommerflieder die Ehre [Foto: Andreas Braunsberger]

September:
Die einzelgängerische Sandwespe vergräbt ihre Eier einzeln, senkrecht und bis zu 12 Zentimeter tief im Sand, zusammen mit einer Eulenfalterraupe als Nahrung für die Larve. Dafür braucht sie aber keine ausgedehnten Sandflächen. Eine sandige und ungestörte Stelle im Pflaster oder an der Rasen-kante reicht aus, um das Wespchen bei ihrem Brutgeschäft anzulocken.

Die Sandwespe begnügt sich mit kleinen sandigen Stellen im Garten [Foto: Jürgen Liebherr]

Oktober:
Das Große Ochsenauge wird mit bis zu 40 Tagen sehr alt. Es fliegt ab Juni bis Anfang September an offenen, trockenen bis leicht feuchten Wald-rändern und auf Trockenrasen. Weibchen und Männchen unterscheiden sich. Die Männchen haben fast einfarbige dunkelbraune Flügeloberseiten. Die Raupen fressen ab September und nach der Überwinterung bis in den Mai verschiedene Süßgräser. Sie sind auch mit Ziergräsern zufrieden und leicht im Garten zu haben

Das Große Ochsenauge liebt Gräser [Foto: Jürgen Liebherr]

November:
Die Braune Randwanze liebt es warm und ist neu im Norden Europas. Sie breitet sich in den letzten Jahren verstärkt vom Süden her aus, sicherlich aufgrund des Klimawandels. Ist sie auch schon in ihrem Garten heimisch? Zu beobachten ist die Braune Randwanze insbesondere an Sträuchern, die Beeren tragen. Dort saugen sie an reifenden Früchten.

Die Braune Randwanze zeigt den Klimawandel an [Foto: Sibylle Zerr]

Dezember:
Man darf bei dieser prächtigen Rosengalle weihnachtlich frohlocken „Es ist der Rose entsprungen“. Das Insekt, das diesen wilden Auswuchs verursacht, ist die nur wenige Millimeter große Rosengallwespe. Die kleine Wespe ver-mehrt sich parthenogenetisch, d.h. ohne Beteiligung des Männchens. Eine Rosengalle hat mehrere Kammern, in denen sich die Larven entwickeln und über Winter verpuppen. Die Wespchen schlüpfen dann im folgenden Jahr von Anfang Mai bis Juli. Wer das Glück hat, ein Rosengalle beobachten zu können, sollte den Rosenzweig mit der Galle ausnahmsweise so lange stehen lassen.

Die Rosengallwespe hat sich in einer Hundsrose eingenistet [Foto: Sibylle Zerr]

Der Kalender ist ab 15. November 2023 erhältlich:

Faszination Insekten: Artenschutz im naturnahen Garten

Tischkalender mit 12 Blatt, ein Textbeitrag mit Gartentipps, Spiralbindung, mit Aufsteller, Format 21 cm x 15 cm

Katharina Zerr und Sibylle Zerr [Herausgeberinnen]; mit Fotografien von Elina Elena, Andreas Braunsberger, Jürgen Liebherr, Michael Reichelt, Peter Wölfel und Sibylle Zerr

ISBN: 978-3-944792-26-2

18 Euro