Das 2018 erfolgreich gestartete Fotoprojekt „Summ, summ, summ“ geht in die zweite Runde: Im September 2019 erscheint der Tischkalender „Schütze die Insekten: dufte Bienen, flotte Käfer, flinke Krabbler“. Mit liebevollem Blick auf heimische Insekten wollen Diplom Agrar-Ingenieur Katharina Zerr und Autorin Sibylle Zerr einmal mehr dazu einladen, diesen schützenswerten Mitgeschöpfen mehr Raum zu geben.
Im Buch des Lebens hat die Klasse der Insekten eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Sie bevölkert alle Lebensräume, vom Polarkreis bis in die Regenwälder, von den Ozeanen bis in die Wüstenregionen, von den Hochgebirgen bis hinein ins Erdreich und in die Lüfte; und sie übernimmt zu Luft, zu Wasser und zu Land lebenswichtige Aufgaben: vom Bestäuben und verbreiten von Samen, bis zur Abfallverwertung. Gut zwei Drittel aller bekannten Tierarten gehören zu den Insekten. Etwa eine Million Insektenarten sind bislang dokumentiert. Eine Welt ohne sie ist undenkbar.
Über einen Zeitraum von fast 30 Jahren haben die ehrenamtlichen Insektenforscher des Entomologischen Vereins Krefeld in ihrer Studie den Rückgang der fliegenden Insekten in Naturschutzgebieten dokumentiert. Um rund 76 Prozent ging der Bestand in der Zeit zurück, das entspricht einem jährlichen Schwund von fast drei Prozent. Für die Ökologie unverzichtbare Arten könnten also in 100 Jahren bereits ausgestorben sein: Schmetterlinge, Ameisen, Wespen und Bienen. 40 Prozent der Insektenarten sind schon heute in den erfassten Gebieten nicht mehr nachweisbar. Sie drohen bereits in den kommenden Jahrzehnten auszusterben. Es besteht akuter Handlungsbedarf!
Die Ursache des Insekten-Massensterbens wird in der industriell betriebenen Land-wirtschaft vermutet. Großflächige Monokulturen, die maschinell bearbeitet werden und auf denen regelmäßig Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichter und Düngemittel eingesetzt werden, nehmen überhand. Damit einher geht der Verlust von kleinteiligen Lebensräumen mit einer Fülle an heimischen Pflanzenarten als Lebensgrundlage für Insekten, die sich oft hoch spezialisiert haben. Die wenigen als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Flächen können dem nicht entgegenwirken. Sie sind wie isolierte Inseln im lebensfeindlichen Umfeld, das heißt, es kann kein für den Artenerhalt notwendiger Austausch zwischen der Populationen mehr stattfinden. Zudem tragen auch Klimawandel und invasive Tier- und Pflanzenarten zum fortschreitenden Sterben heimi-scher Insekten bei. In den rapide wachsenden Städten finden Insekten nur dann Lebensraum, wenn wir mit Grün- und Blühpflanzenmanagement gezielt entgegen steuern.
Warum aber denken wir bei Artenschutz trotz eindeutiger Belege viel lieber an Panda, Tiger, Nashorn oder Elefant? Das Insektensterben ist weitaus bedrohlicher als der Artenschwund bei den Säugetieren, zieht es doch Kettenreaktionen mit viel größerer Tragweite nach sich. Stirbt nur eine Insektenart aus, kann das den Tod für ein paar Vogelarten, Fledermäuse und gar eine ganze Pflanzengattung bedeuten. Insekten lösen meist eher Unbehagen bei uns aus. Sie wirken wie völlig fremdartige Geschöpfe, auf die wir ängstlich oder mit Ekel reagieren. Können wir uns mit dem Krabbelgetier vertraut machen und befreunden? Ein Gesinnungswandel ist dringend nötig. Nützliche Insekten gehören bewusst und selbstverständlich in unseren Lebensbereich und wir sollten ihnen ökologische Nischen der Artenvielfalt schaffen – sei es mit insektenfreundlichen Blumen auf dem Balkon, einer Blumenwiese oder Blühinsel im eigenen Garten oder dem Kauf von Produkten aus Landwirtschaft, die den Artenschutz fördert. Schon ein blühender Balkonkasten kann eine Brücke sein zwischen Lebensräumen, die Insekten das Überleben ermöglichen.
Als Metropole geht München mit blühendem Beispiel voran: Die Balkone des Rathauses wurden 2019 erstmals als Insektenweide mit einer blühenden Vielfalt angelegt – von Zweizahn und Basilikum bis Salbei, Schneeflockenblumen und wildem Majoran.
„Schütze die Insekten: dufte Bienen, flotte Käfer, flinke Krabbler„, Tischkalender mit 13 Fotografien und Begleittext, Verlag: Edition Sibylle Zerr, Lauterbach (Schwarzwald), Oktober 2019
ISBN 978-3-944792-22-4